Pressespiegel

MEIER MÜLLER SCHULZ oder NIE WIEDER EINSAM

Eine Geiselfarce von Marc Becker

Es spielen:
Markus Mogwitz (Meier), Carsten Sauer (Schulz), Doris Weiß (Müller)
Regie: Frank Wiemann

Die Premiere war am Samstag, dem 16. Oktober 2021 im Kulturbahnhof Lemgo.

Lippische Landeszeitung am 19. Oktober 2021

STATTGESPRÄCH startet in die Saison

Voller Lust und mit viel Humor spielen die drei Protagonisten in der Tragikomödie „Meier Müller Schulz oder nie wieder einsam“, die sich mit den großen Themen unserer Gesellschaft befasst.

Von Thomas Krügler

Die Freie Theatergruppe „Stattgespräch“ hat erfolgreich ihre 25. Spielzeit unter Leitung von Frank Wiemann mit der Farce „Meier Müller Schulz“ im Lemgoer Kulturbahnhof eröffnet. Das Jubiläumsjahr ist nicht einfach für die hoch engagierten Amateurschauspieler. Die Proben wurden immer wieder durch den Lockdown unterbrochen und das Publikum ist noch nicht voll da. Umso erstaunlicher ist die große Qualität der neuen Produktion.

Das Stück des norddeutschen Autors und Regisseurs Marc Becker trägt im Titel die drei häufigsten deutschen Nachnamen. Jeder von uns könnte „Meier, Müller oder Schulz“ sein und trägt Charakterzüge von ihnen in sich. Es geht ums Thema Einsamkeit und Isolation, das gerade in Zeiten des Lockdowns brisant geworden ist. Was wie eine Verarbeitung der Pandemie wirkt, wurde bereits 2009 geschrieben.

Der Vorhang geht auf und Großstadtsingle Meier (Markus Mogwitz) schleift den Lehrer Schulz (Carsten Sauer) in sein piefiges Wohnklo mit Kochnische. Meier lebt im kleinbürgerlichen Idyll seiner Ein-Zimmerwohnung und liebt Käsebrot mit Gurke und Portwein. Das authentische Bühnenbild von Stephan Gottwald könnte aus den 60iger Jahren stammen.

Schulz wurde soeben von Meier als Geisel genommen, weil dieser sich einsam fühlt und einen Gesellschafter braucht. Er möchte endlich auch mal was Eigenes haben. Kompliziert wird es, als die neugierige Nachbarin Frau Müller (Doris Weiß) mit selbst gebackenen Eierkuchen vor der Tür steht und sich nicht abwimmeln lässt.

Die drei Protagonisten sorgen für viel Humor in dieser intelligenten Tragikomödie, die auch gesellschaftliche und philosophische Probleme aufgreift.

Es geht um Schein und Sein sowie Wirklichkeit und Identität. Bin ich das, was ich von mir denke und baue ich mir die Welt so, wie ich möchte? Diese Frage hat schon Descartes beschäftigt und der Konstruktivismus sagt aus, dass sich jeder seine eigene Wirklichkeit konstruiert.

Für Herrn Meier stimmt das jedenfalls. Als sein Verhalten Nachahmer findet und große Mode wird, verurteilt er aufs schärfste das Verbrechen der Anderen ohne seine eigene Tat zu reflektieren. „Was ist das für ein Mensch, der andere Menschen entführt?“ kommentiert er genervt die Nachrichten und Zeitungsmeldungen. Wie auf dem Tiermarkt werden Geiseln mittlerweile in Annoncen feilgeboten.

Unter der durchdachten Regie von Frank Wiemann ist die Lust am Slapstick, Humor und Absurdität den drei Schauspielern anzumerken, die ihre Rollen in bester Bühnenpräsenz meistern. Markus Mogwitz beherrscht die Kunst, mit seinen Augen mehr auszudrücken als mit 1000 Worten. Ungemein schrullig und überzeugend kommt Doris Weiß als aufdringliche Frau Müller daher, die es versteht, ihre eigenen Vorteile aus der Situation zu ziehen.

Sie sucht dringend einen Scheinverlobten, um ihren Eltern ein glückliches Beziehungsleben vorzutäuschen. Vom Kidnapping begeistert nimmt sie Herrn Weber als Geisel, der aber längst nicht so ein guter Gesellschafter wie Herr Schulz ist. Carsten Sauer gelingt die Metamorphose des Rollentausches. Im ersten Teil noch stotterndes Opfer, nimmt er im zweiten Teil selbstbestimmt das Heft in die Hand und erhält seine Freiheit zurück. Die Trennung von Herrn Meier fällt ihm offensichtlich schwer. Das Stockholm-Syndrom bewirkt, dass er Sympathie und Mitleid für den einsamen Geiselnehmer entwickelt. Auf humorvolle und groteske Weise kommen sich die drei Individuen näher, entfliehen ihrer Anonymität und liegen sich am Ende in den Armen. Eine gelungene Inszenierung.

Lippische Wochenschau am 21. Oktober 2021

Der Blues der Einsamkeit

Theater STATTGESPRÄCH überzeugt mit „Meier Müller Schulz“

Das Lemgoer Theater STATTGESPRÄCH ist am vergangenen Wochenende sehr erfolgreich (coronabedingt leider nicht vor ausverkauftem Haus) in ihre 25jährige Jubiläumsspielzeit gestartet.  Meier Müller Schulz sind Allerweltsnamen, die sich niemand sonderlich merken muss. Durchschnitt also.

Was Regisseur Frank Wiemann mit der Geiselfarce von Marc Becker, dann jedoch auf die Theaterbühne zaubert, kann aber keineswegs mehr als Durchschnitt bezeichnet werden.
Großartig unterhaltend und mit gebremsten Tempo inszeniert er eindrücklich die Einsamkeit des Großstadtsingles von Meier. Markus Mogwitz, der den Part des schlichten Herrn Meier spielt, überzeugt in seiner Rolle als Pedant, der Käsebrot mit Gurke als höchsten kulinarischen Maßstab für sich entdeckt hat.

Als jedoch die Einsamkeit in seiner Einzimmerwohnung zu groß wird, besorgt er sich aus dem Stadtbus Schulz – als Geisel und Gesellschafter. Herr Schulz (Carsten Sauer) wiederum findet nach anfänglichen glaubhaften Angstattacken im Laufe des Stücks jedoch zunehmend Gefallen an der Wohngemeinschaft mit Herrn Meier.

Auch macht er als frustrierter Lehrer die Mutation vom Opfer zum Aktivisten durch. Als dann auch noch die begriffsstutzige Nachbarin Müller, herrlich überzogen gespielt von Doris Weiß, mit ihrem selbstgebackenen Eierkuchen auftaucht, entspinnt eine Dreiecksgeschichte der besonderen Art.

Das eindrucksvolle Stück ist eine kleine, groteske Tragikomödie, die deutliche Anleihen beim absurden Theater, wie auch bei Loriot macht.

Die drei sehr guten Mimen wurden vom Publikum begeistert gefeiert!

Theatergründer Frank Wiemann war überrascht, als er zum Schlussapplaus vom Ensemble mit einem riesigen Blumenstrauß für seine 25jährige Theaterarbeit gewürdigt wurde. Er hat die Lemgoer Kultur mit bisher 64 Theater-Inszenierungen im vergangenen Vierteljahrhundert wesentlich geprägt.

Fazit: Das Theater STATTGESPRÄCH hat auch diesmal ein sehr gutes Händchen bei der Stückauswahl gehabt. Das Stück ist anspruchsvoll und witzig. Ein Besuch der Vorstellung lohnt allemal.

Lippe Aktuell am 23. Oktober 2021

Zu dritt gemeinsam einsam

STATTGESPRÄCH: Meier Müller Schulz feiert Premiere

(yb) Das Lemgoer Theater STATTGESPRÄCH ist am vergangenen Samstag sehr erfolgreich in ihre 25jährige Jubiläumsspielzeit gestartet.  Seit „Wir im Finale“ gehörte der Autor Marc Becker zu den meistgespielten zeitgenössischen Dramatikern in Deutschland. Oft geht es bei ihm über den Subtext schlau ins Groteske. So auch in „Meier Müller Schulz- oder- Nie wieder einsam“. Die neuste Produktion vom Theater STATTGESPRÄCH traf mit dem Thema Isolation und Einsamkeit wieder voll ins Schwarze.

Meier (Markus Mogwitz), ein mittelalter Großstadt-Single, dem sein Alleinsein zu schaffen macht, entführt deshalb Schulz (Carsten Sauer) und hält sich die Geisel als Gesellschafter. Als dann unerwartet die aufdringliche Nachbarin Müller (Doris Weiß) mit selbst gebackenen Eierkuchen vor der Tür steht, bringt sie Meier in Erklärungsnot und auch Schulz in Schwierigkeiten. Das Verwirrspiel beginnt.

Die Vereinsamung der Gesellschaft inszeniert Regisseur Frank Wiemann in einem witzigen, gemäßigten und passenden Tempo, dass sich auf diese Weise die gespielte Trägheit des Herrn Meier ins Absurde steigert.

Markus Mogwitz spiegelt die Einsamkeit des Singles in einer Art, die an Loriot erinnert. Nichts lässt ihn an der Rechtmäßigkeit seines Handelns zweifeln. Glaubhaft gelingt es Carsten Sauer sich als ängstliche Geisel und frustrierter Lehrer an die Situation zu gewöhnen. Von ihm glaubt man anfangs, dass er der einzig Normale in dieser merkwürdigen Dreiergeschichte ist. Als er sich jedoch im Verlauf des Stückes als unabkömmliche Servicekraft anbietet, kommen auch hier berechtigte Zweifel auf. Doris Weiß besticht nicht nur souverän durch ihr schrilles Outfit, sondern auch durch ihre spinöse Einfachheit auf die Sicht der Dinge: „Als Frau, die man als Frau immer auch ist, fragt man sich manchmal so Sachen“.

Das Stück und die Inszenierung sind voller witziger Überraschungen, interessant und routiniert. Ein Spaß der besonderen Art. Das Publikum war begeistert und dankte mit sehr langem Applaus.

 

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