Themenabend "One Night Stand"

" Geschenk für eine unbekannte Frau"
Einakter von Bengt Ahlfors (Deutsche Erstaufführung)

Regie: Markus Mogwitz
Es spielen: Nelly Wedel (Laura), Frank Wiemann (Richard)

" I will survive"
Einakter (solo) von Raoul Biltgen (Deutsche Erstaufführung)

Regie: Frank Wiemann
Es spielt: Markus Mogwitz (Martin Rehbein)

Die Deutschen Erstaufführungen waren am 07. April 2007 im Lemgoer Bahnhof

Lippische Landeszeitung am 10. April 2007

Bitter-böses Erwachen
Tolle Ensemble-Leistung beim STATTGESPRÄCH..- Themenabend

Sie können auch anders: Dass die Theatergruppe STATTGESPRÄCH.. sich nicht nur im Komödienfach sicher bewegt, sondern auch ernste Themen überzeugend auf die Bühne bringt, bewies sie einmal mehr mit dem Theaterabend „One Night Stand“. Zwei Deutsche Erstaufführungen erlaubten kein Wegdämmern. Im Gegenteil: Mit heiklem Stoff und überraschenden Wendungen bescherten sie Protagonisten und Zuschauern immer wieder ein böses Erwachen. Hellwach musste sein, wer bei den rasanten emotionalen Wechselbädern in Bengt Ahlfors`Einakter „Geschenk für eine unbekannte Frau“auf der Höhe der Entwicklungen bleiben wollte. Überaus glaubhaft in seinem immer neuen Entsetzen verkörperte Frank Wiemann den Protagonisten Richard, der nach einer heißen Nacht mit Laura (erfrischend natürlich und wirklich stark: Nelly Wedel in ihrem Debüt auf der STATTGESPRÄCH- Bühne) von einer Traufe der Erkenntnis in die nächste rutscht: Noch hat er nicht kapiert, warum die Frau den gelungenen „One Night Stand“ keinesfalls zu einer längeren Beziehung ausbauen will….

Dem überzeugenden Spiel von Nelly Wedel und Frank Wiemann war es zu verdanken, dass diese gefühlsmäßige Achterbahnfahrt für das Publikum nachvollziebar wurde. Und sie gaben ihren Zuschauern jede Menge Stoff zum Grübeln mit auf dem Heimweg: Wem gehört ein Kind? Und was macht Eltern zu Eltern? …

Wie weit das Thema AIDS aus dem öffentlichem Bewusstsein zurückgedrängt ist, wurde im zweiten Einakter des Abends in Raoul Biltgens „I will survive“ deutlich. Bis man sich wirklich auf den Plot einlassen konnte, verging schon ein Weilchen. Was in keiner Weise an der Leistung von Markus Mogwitz lag- im Gegenteil: Dieser lieferte mit seinem ersten Solo eine überragende Vorstellung ab. Mit großer Intensität und raumgreifender Bühnenpräsenz trug er, unterstützt durch aufwändige Bühnentechnik, dem Publikum seinen Fall vor: den eines professionellen Aids-Kranken.

Lauschte das Publikum einem Vortrag oder einem Theaterstück? Raffiniert spielt das Stück mit dem Verwischen von Grenzen – vor der Bühne und auf der Bühne: Was soll man glauben?

Am Ende des Abends war zumindest eines (wieder) deutlich: Aids ist eine Krankheit, die jeden treffen kann, und kein moralisch-ethisches Problem. Diesen Aspekt griff auch Ute Höfinghoffs Bühnenbild- gesichtslose Konturen von Menschen auf großen Leinwänden- gelungen auf.

Lippa aktuell am 14. April 2007

Zwei eindrucksvolle Premiere der Freien Theatergruppe STATTGESPRÄCH..
Das Lachen blieb im Halse stecken

Wichtige und umstrittene gesellschaftliche Probleme und Diskussionsstoffe waren Inhalt des jüngsten Theaterabends der Lemgoer Freien Theatergruppe STATTGESPRÄCH.. Es ging um den „One Night Stand“ und seine möglichen Folgen, um Sex und Liebe, Elternschaft und Homoehe, Abtreibung, Aids und mehr.

Das Premierenpublikum im ausverkauften Bahnhofssaal war begeistert. Aber nicht nur euphorisch ob der erneut eindrucksvollen schauspielerischen Darbietungen – sondern an diesem Abend eben vor allem auch beeindruckt, berührt, nachdenklich…

STATTGESPRÄCH-Macher Frank Wiemann glänzte als Darsteller neben Nelly Wedel im „Geschenk für eine unbekannte Frau“ und als Regisseur bei „I will survive“. Sein eindringliches und äußerst engagiertes Spiel ist seit langem bekannt und anerkannt- seine Regiequalitäten stellte er in der anspruchsvollen und aufwändigen Arbeit für das Solo-Stück eindrucksvoll unter Beweis. Doch Wiemann hat sich bei allem Erfolg ein gutes und sicheres Auge für die Leistungen anderer bewahrt. So spendete er als Regisseur sogar auf der Bühne beim Abschlussapplaus für „I Will survive“ dem Solisten Markus Mogwitz begeistert und kräftig Beifall. Denn da war sich der ganze Saal einig: Was Mogwitz als „professioneller Aids-Kranker“ mit Namen Martin Rehbein auf die Bühne brachte, war schlicht und einfach überragend.

Bei „I will survive“ befinden sich die Zuschauer nicht in einem Theater, sondern in einem Vortrag über Aids: Martin Rehbein erzählt von seiner eigenen Erkrankung. Er erzählt von seinem Leben, wie er sich infiziert hat, wie er gelernt hat , damit umzugehen- und…

Das Ganze ist sozusagen ein Erfahrungsbericht in allerbester aufklärerischer Tradition. Markus Mogwitz schafft es, dieses schwierige emotionale Auf und Ab, Hin und Her in der Entwicklung des Martin Rehbein glaubhaft, mitreißend und wahrlich schockierend schauspielerisch umzusetzen. Höchste Anerkennung dafür.

Respekt und Lob auch für Nelly Wedel in ihrem Debüt auf der STATTGESPRÄCH- Bühne. In „Geschenk für eine unbekannte Frau“ ist sie Laura und sagt zu Richard (Frank Wiemann) nach dem „One Night Stand“: “Die Nacht hat ihre Spielreglen- und der Morgen seine. Jetzt ist Morgen.“…

Doch so einfach läßt sich Richard nicht abschütteln, und es entwickelt sich eine rasante Auseinandersetzung, in der Nelly Wedel durch ihr zugleich ruhiges, intensives und auch immanent melancholisches Spiel überzeugt.

 

 

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