Eine Komödie von Gilles Dyrek
Es spielen:
Doris Weiß, Stephan Gottwald, Stefanie Schöpe und Frank Wiemann
Regie: Katrin Brakemeier und Markus Mogwitz
Premiere war am 22. Oktober 2016 im Kulturbahnhof Lemgo
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Lippe Aktuell am 02. November 2016
Lemgo (ag). Bitter, aber feingeistig, ein bisschen gemein und außerordentlich schadenfroh kam die Premiere von "Venedig im Schnee" Ende Oktober daher. Voller Spielfreude und nah am Zeitgeist nimmt die Freie Theatergruppe "Stattgespräch" mit der Komödie "Venedig im Schnee" unter anderem die aktuell große Spendenbereitschaft auf die Schippe. Augenzwinkernd rief Frank Wiemann, Gründer und Leiter des Stattgesprächs, dem Publikum nach der Aufführung im Lemgoer Kulturbahnhof dann auch zu: "Spenden Sie für Chouvenien!".
Moment. Chouvenien? Die Welt ist groß und recht unübersichtlich. Da kann man schon den ein oder anderen Konflikt übersehen – gerade in der heutigen Zeit, in der Millionen von Menschen auf der Flucht vor Armut, Krieg, Gewalt und Verfolgung sind. Aus welchen Ländern kommen die zahllosen Männer, Frauen und Kinder? Was haben sie dort erlebt? Wer weiß das schon so genau... Kennen Sie zum Beispiel Chouvenien? Die Hauptstadt heißt Chougrad. Na, klingelt’s?
Als Patricia (Doris Weiß) aus Chouvenien vor der Tür von Nathalie (Stefanie Schöpe) und Jean-Luc (Frank Wiemann) steht, bringt sie im Leben des Liebespaares so einiges durcheinander. Nicht nur, weil Patricia ihren Gastgebern – in fließendem Chouvenisch – erklärt, dass es in Chouvenien keinen Sex vor der Ehe gibt – nicht mal ein "Kleinbus" (Anm. der Redaktion: Auf Chouvenisch bedeutet das ein "Kleinbisschen"). Christophe, ein alter Studienfreund von Jean-Luc hat Patricia, seine Freundin, zu einem gemeinsamen Abendessen mitgebracht. So, wie es aussieht, ist sie aus ihrem Heimatland Chouvenien geflohen. Nathalie und Jean-Luc möchten helfen. Sie suchen sofort ihre Wohnung auf Dinge ab, die sie sowieso wegwerfen wollten, Dinge, die überflüssig, kaputt oder hässlich – oder alles zusammmen – sind. Die Komödie von Gilles Dyrek hält dem Publikum gnadenlos den Spiegel vor.
Neben der überspitzten und witzig aufbereiteten Sozialkritik arbeiteten Katrin Brakemeier und Markus Mogwitz, die bei dem Stück Regie führten, zudem zwei ungleiche Paare heraus. Schön böse, sich gegenseitig anmotzend und mit deutlichen Ansagen sind Patricia (Doris Weiß) und Christophe (Stephan Gottwald) erfrischend brummelig. Während bei den beiden der Haussegen extrem schief hängt, sind Nathalie (Stefanie Schöpe) und Jean-Luc (Frank Wiemann) in Hochzeitsvorbereitungen. Patricia-Darstellerin Doris Weiß muss sich in erster Linie auf ihre Mimik und Gestik verlassen. Und das darf sie auch. Was für einen wundervoll sturen Menschen hat sie da auf die Bühne gebracht! Partner Stephan Gottwald, überzeugt ebenfalls besonders in ruhigen Momenten. Stefanie Schöpe und Frank Wiemann hingegen spielen die beiden überdrehten und oberflächlichen edlen Spender. Die Darsteller gehen bis an die Schmerzgrenze. Kosenamen. Küsschen hier und Küsschen da, so zuckersüß, dass es beinahe schon weh tut. Dass Nathalie und Jean-Luc selbst in Chouvenien wohnen – einem Land der "Chouchous", das nicht größer ist als eine Wohnung – ist ihnen überhaupt nicht bewusst. Aber die Welt ist groß und recht unübersichtlich, da kann man schon das ein oder andere Land übersehen... Die Premiere war ein gelungener Auftakt für weitere Vorstellungen. Zwar sind die Karten für die weiteren Aufführungen des Stücks schon ausverkauft, Interessierte haben an der Abendkasse aber die Chance noch Karten zu ergattern. Wie Frank Wiemann vom Stattgespräch bekannt gab, wird es in dieser Spielzeit aufgrund eines engen Zeitplans wohl keine Zusatzvorstellung von "Venedig im Schnee" geben. Aber die Komödie steht definitiv in der nächsten Spielzeit wieder auf dem Programm –"vielleicht schon im September 2017", lässt Frank Wiemann hoffen.
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Lippische Landeszeitung am 25. Oktober 2016 (Auszüge)
Die Theatergruppe STATTGESPRÄCH zeigt ihr neues Stück.
(rb). Mit seinem neuesten Stück „Venedig im Schnee“ von Gilles Dyrek hat die Theatergruppe STATTGESPRÄCH am vergangenen Samstagabend Premiere gefeiert.
Das Publikum im ausverkauften Kulturbahnhof kam aus dem Lachen kaum heraus. Die Komödie handelt von Nathalie und Jean-Luc, einem bis über beide Ohren ineinander verliebten Pärchen, dass sich unablässig busselt und mit den Kosenamen „Chouchou“
und „Chérie“ anredet. Obgleich die zwei im Hochzeitsstress geradezu zu versinken drohen, hat Jean-Luc seinen Studienfreund Christophe samt Partnerin zum Essen eingeladen. Dazu hat letztere jedoch keine Lust, zumal sie sich mit der anderen Partei nichts zu sagen hat.
Was folgt, ist eine urkomische und abwechslungsreiche Komödie von Dyrek, an der die Lemgoer Zuschauer ihre Freude fanden. Grund dafür waren nicht zuletzt die Darbietungen der Schauspieler.
So verpasste Frank Wiemann seiner Figur, dem Hausherren Jean-Luc, ein Dauergrinsen und sorgte mit einer glaubhaft gespielten Verwirrtheit für einen Running-Gag, in dem er immer wieder den Aufbewahrungsort von Korkenzieher, Weltatlas und Co. erfragte. Stefanie Schöpe mimte ebenjene Nathalie, präsentierte sie als geschäftige Gastgeberin, ließ sie jedoch vor allem im späteren Verlauf des Stückes aufblühen. Patricia wiederum war aufgrund der Verabredung nicht gut auf ihren Partner Christophe zu sprechen und entschied sich dazu, den gesamten Abend über keinen Ton von sich zu geben.
Bald fingen die Gastgeber an zu begreifen: Patricia muss Ausländerin sein. Die beschließt dann, sich einen Spaß aus dem Missverständnis zu machen. Glänzend ist es Doris Weiß, die im Balkan- Idiom zu erzählen beginnt – von ihrer Heimat „Chouvenien“ und der von einem Krieg arg gebeutelten Bevölkerung. Patricias Scharade bringt die Gutmenschen in Jean-Luc und Nathalie hervor.
Patricias Partner Christophe alias Stephan Gottwald gerät mehr und mehr in die Bredouille, muss er sich doch aus einer Erklärungsnot nach der anderen herauswinden.
Großer Beifall am Ende für die STATTGESPRÄCH-Crew vom Publikum, das mit seinen Lachern so manches Mal die gut aufgelegten Darsteller sogar übertönte.
Weitere Vorstellungen: siehe Spielplan
www.stattgespraech.de