Sibirien

Melodram: SIBIRIEN von Felix Mitterer
Premiere war am 13. März 1999 im Lemgoer Banhof

Lippische Landeszeitung (Neue Westfälische) 15.03.1999


Großes Theater im Lemgoer Bahnhof.. Das Theaterensemble STATTGESPRÄCH.. hat auch in diesem Jahr wieder den Frühling genutzt, um ein ernsthaftes und nur schwer mit einer Stillbezeichnung zu versehendes Stück brillant in Szene zu setzen. In den Rollen des alten Mannes und seiner Pflegerin setzen Wolfgang Holzmann und Christine Pohl in "Sibirien" konkret um, was Mitterers Werk von ihnen fordert: die Verzweiflung und die Hilferufe eines "ausgedienten" Menschen und das Unverständnis und die Unfähigkeit seiner Umgebung zu begreifen. Man bekommt den Spiegel vor die eigene Nase gehalten, und lernt ein weiteres Mal, was man schon wissen sollte: ein Gnadenbrot hat nichts und rein gar nichts mit Liebe zu tun. Ein Mensch ist kein Pferd. Dieser Satz ist wahr...

Lippische Rundschau (Westfalen Blatt) 16.03.1999

Glanzvolle Premiere eines ernsten Stückes... Mit der Inszenierung des Einakters "Sibirien" hat die Theatergruppe STATTGESPRÄCH.. dokumentiert, daß zu ihrem Gesamtkonzept auch ernste Bühnenwerke gehören. Mit der ihm verfügbaren hohen Sprech- und Spielkultur und mit nuancenreicher Gestik hat Wolfgang Holzmann das in den Spielplan aufgenommenen Stück zum Bühnenerlebnis par exellence werden lassen, das unter die Haut geht. ..begeisteter und langer Applaus. Eines ist nach diesem Abend gewiß: STATTGESPRÄCH.. läßt noch vieles erwarten!

Lippe aktuell 17. 03.1999

Theatergruppe STATTGESPRÄCH beeindruckte mit dem Melodram "Sibirien".Beeindruckend war Wolfgang Holzmann in der Rolle des alten Mannes. Christine Pohl spielte die Pflegerin (eine äußerst gelungene Debutrolle für die 20jährige). Seinen Ruf als nicht nur inhaltlich hervorragende, sondern auch überaus fleißige Amateur-Theatergruppe hat STATTGESPRÄCH.. voll und ganz bestätigt. Insgesamt war die Vorstellung wieder sehr professionell aufgezogen, unter der Leitung von Produzent Frank Wiemann.

Lippische Wochenschau 25.03.1999

Tabuthema "Sterben" im Drama Sibirien verarbeitet.. Stolz kann die Freie Theatergruppe auf diese Produktion sein, die erstmalig im Genre des Dramas anzusiedeln ist.. Wolfgang Holzmann spielte den alten Mann mit Bravour, ihm zur Seite stand als Resolute "Pflegerin" Christine Pohl, ein noch junges Stattgespräch- Mitglied. Trotz aller Härte des Stückes, seiner Direktheit und Nacktheit entgegen, steht am Schluß die Vergebung und die Barmherzigkeit. Ein Händedruck, ein Augenblick - ein Kämpfer legt die Rüstung nieder und gewinnt dennoch..

Theater pur (Magazin für Nordrhein Westfalen) Mai 1999

Erst jüngst (2/99) berichtete der SPIEGEL über grausige Zustände in deutschen Pflegeheimen. Mitterer hat dies mit seinem Stück schon 1989 vorweggenommen: wie sich die Pflege beschränkt auf "abfüttern, abtropfen, abwaschen", wie die Alten ins Bett gesperrt werden, so daß sich Druckgeschwüre bilden; wie die Patienten verfallen; wie fortschreitender Verfall selbst das "abfüttern, abtropfen, abwaschen" immer mehr eingeschränkt wird, mit dem Ergebnis weiteren Verfalls.... In weiser Selbstbescheidung hat sich die Amateurgruppe um Frank Wiemann für die anspruchsvolle und textreiche Rolle des Alten (80 Minuten Beinahe-Monolog) einen Profi geholt: Wolfgang Holzmann vom benachbarten Detmolder Landestheater, der den raschen Verfall vom einigermaßen rüstigen und stolzaltersstarrsinnigen Menschen zum gequälten und gedemütigten Wrack realistisch-drastisch vorführt. Seine Partnerin Christine Pohl als junge Pflegerin, gelingt es in ihrem Bühnen-Debüt, aus der fast stummen Rolle noch einiges herauszuholen, indem sie einen Wandel von anfänglicher schnippischer Gleichgültigkeit zum liebevollen Mitleiden vorführt- eine persönliche Leistung, die sachlich aber unglaubwürdig ist, wenn man die Zustände in den heutigen Pflegeheimen kennt.... Aber vielleicht ist es in Lemgo ja ganz anders? Zumindest das Kreisaltenheim scheint da ein gutes Gewissen zu haben- hätte es sonst die Produktion des Stückes unterstützt? Ansonsten werben im Programmheft vor allen Pflegedienste für die proffessionelle unterstützte häusliche Pflege- teilweise in traulicher Nachbarschaft zu einem Bestattungsinstitut. Dabei wirkt der Abdruck amtlicher Texte zu Pflegeleistungen doch schon makaber genug.

 

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