Nett, dass Sie da sind

Szenen einer Wohngemeinschaft / Eine Improvisation

Es spielen: Lothar Mörtenhuber, Maik Schröder, Katharina Becker, Jürgen Windmeier, Corinna Adam, Tobias König, Jan Busch, Frauke Ortmann, Marco Grohnert, Sergej Fritsch, Freddy Fricke, Erika ML Reimann

Projekt- und Regieteam: Frank Wiemann, Markus Mogwitz und Katrin Brakemeier

Initiative: Theresa Ehlen - Lebenhilfe Lemgo

Premiere war am Samstag, dem 27. September 2014 im Kulturbahnhof Lemgo.

 

"Wir sind zwar behindert, aber nicht bekloppt"

Ein fulminanter Theaterabend erntet Jubel und Begeisterung im Lemgoer Kulturbahnhof

Lippe Aktuell vom 1.10.2014

Lemgo (n­r). Wenn Thea­ter den Zu­schauer la­chen ma­chen kann, ihn glei­cher­maßen nach­denk­lich oder trau­rig stimmt, Gän­se­haut her­vor­ruft und das Herz berührt, ist es so, wie es sein soll. Manch­mal er­war­tet man vom Klei­nen nicht das ganz Große – und wird dann ü­ber­rascht von der In­ten­sität, die ganz un­er­war­tet ü­ber einen herab pras­selt.

Genau das ha­ben die freie Thea­ter­gruppe "­Statt­ge­spräch" und die Lai­en­schau­spie­ler der Le­bens­hilfe am Sams­tag mit der Pre­miere der bei­den Ein­ak­ter "Eine Nacht mit Mut­ter" und "­Nett, dass Sie da sin­d..." ge­schafft. Be­hin­derte und Nicht­be­hin­derte Schau­spie­ler zau­ber­ten ge­mein­sam großes Thea­ter der Ge­fühle und wisch­ten so ganz ne­ben­bei die Bar­rie­ren der Vor­ur­teile ü­ber Be­hin­derte im Kopf weg.

­Die Ent­schei­dung ein­mal an­de­re, un­ge­wöhn­li­che Wege im Thea­ter zu ge­hen und mit Be­hin­der­ten und Nicht­be­hin­der­ten auf Au­gen­höhe zu agie­ren, In­klu­sion zu le­ben und nicht nur darü­ber zu re­den, ent­puppt sich da als Klein­od. Un­zäh­lige Ü­ber­le­gun­gen und Ge­spräche im Vor­feld und viel En­ga­ge­ment mit Ach­tung und Re­spekt für­ein­an­der, ha­ben in der fünf­mo­na­ti­gen Pro­be­zeit et­was ganz Be­son­de­res her­vor­ge­bracht, das bei­spiel­haft vor­an­ge­hen kann.

Die erste Pre­miere "Eine Nacht mit Mut­ter" mit Liane Kreye und Sven Meyer ü­ber­zeugte mit ih­ren au­then­ti­schen Dar­stel­lun­gen. Da wa­ren gleich­zei­tig eine schwie­rige Mut­ter-Sohn-Be­zie­hung, kli­schee­haf­tes Rol­len­den­ken und Selbs­t­er­kennt­nis zu meis­tern. Viel­schich­tig und fa­cet­ten­reich ge­spielt, nah­men die bei­den Schau­spie­ler ihr Pu­bli­kum in den ver­schie­de­nen Stim­mun­gen mit. Mit viel Fin­ger­spit­zen­ge­fühl und Fan­ta­sie füll­ten Liane Kreye und Sven Meyer ihre Rol­len mit Le­ben und Lei­den­schaft. Für die In­sze­nie­rung zeich­net sich Frank Wie­mann ver­ant­wort­lich, der mit­hilfe ü­ber­ra­schen­der Wen­dun­gen und mit ei­nem großen Ide­en­reich­tum eine um­wer­fende at­mo­s­phäri­sche Dichte in der In­sze­nie­rung er­reichte und da­bei gleich­zei­tig den Brü­cken­schlag zum zwei­ten Ein­ak­ter schaff­te. Eine tolle Vor­stel­lung, die auf gan­zer Li­nie ü­ber­zeug­te.

­Mit Sze­nen ei­ner Wohn­ge­mein­schaft in "­Nett, dass Sie da sin­d... glänz­ten dann be­hin­derte und nicht­be­hin­derte Schau­spie­ler glei­cher­maßen. Mit viel Hu­mor und Charme schaff­ten sie es mühe­los, den Fun­ken auf das Pu­bli­kum ü­ber­sprin­gen zu las­sen. Was be­deu­ten schon zwei oder drei win­zige Un­si­cher­hei­ten, wenn die Wor­te, die ü­ber die Bühne flo­gen, im­mer stim­mig wa­ren und punkt­genau ka­men und so­wohl Lach­sal­ven, als auch Be­wun­de­rung im Zu­schau­er­raum aus­lös­ten. Auf der Bühne spielte das pure Le­ben. Da wa­ren die Schau­spie­ler zu ei­ner Ein­heit zu­sam­men­ge­wach­sen, die so sehr fes­sel­ten, dass die 30-minütige Vor­stel­lung viel zu kurz er­schien.

Dass im ü­ber­schau­ba­ren Lemgo eine freie Thea­ter­gruppe mit ei­ner Gruppe be­hin­der­ter Lai­en­schau­spie­ler et­was so Tol­les und Neues mit Vor­bild­funk­tion auf die Bühne brin­gen wür­de, hätte im Vor­feld kaum je­mand erahnt. Ge­mein­sam ha­ben sie da et­was ganz Großes er­reicht. Die bei­den – hof­fent­lich nicht – letz­ten Vor­stel­lun­gen fin­den am Don­ner­tag, 2. Ok­to­ber um 20 Uhr und am Frei­tag, 3. Ok­to­ber um 16 Uhr statt. Rest­kar­ten gibt es noch an den be­kann­ten Vor­ver­kaufs­stel­len.

Viel­leicht be­flü­gelt die­ser un­ge­heure Er­folg so sehr, dass noch mehr Zu­schauer im Laufe der Thea­ter­sai­son in den Ge­nuss ei­ner sol­chen Vor­stel­lung kom­men. Zu wün­schen wäre es.

 

Glanzvolle Premieren beim STATTGESPRÄCH

„Eine Nacht mit Mutter” - Überzeugende Darstellung
und "Nett ,dass Sie da sind" - Inklusion vom Feinsten

LippeNews.de vom 29.09.2014

Lemgo.
Vergessen Sie alles, was Ihnen vom „grünen Tisch“ zum Thema Inklusion aufokruiert wird, vergessen Sie, was Sie beispielsweise in den Schulen in puncto Inklusion erfahren haben und müssen, vergessen Sie einfach einmal, dass es Unterschiede zwischen nichtbehinderten und behinderten Menschen gibt.

Nehmen Sie es einfach als gegeben an, dass es ein harmonisches Zusammenleben geben muss, und da und dort auch schon  schon gibt. Den besten Beweis dafür hat am heutigen Abend die „Freie Theatergruppe Stattgespräch“ in überaus beeindruckender Weise präsentiert. 

Fünf Monate haben sie geprobt für das Stück "Nett, dass Sie da sind". Heute war Premiere im Bahnhof. Und es sollte ein glanzvoller Auftritt werden. Was sich dort in gut 30 Minuten auf der Bühne abgepielt hat, verdient höchste Hochachtung. STATTGESPRÄCH hat schon viele tolle Inszenierungen auf die Bühne gebracht, aber sicher noch keine, die so viel Gefühle und Engagement bei den Zuschauern erzeugt hat wie gerade diese – unter dem Titel “Nett, dass Sie da sind!“

Die Initiatoren vom Stattgespräch haben viel Engegament, viel Einfühlvermögen, viele Rücksichtnahme, viele Überlegungen und viel Fingerspitzengefühle aufbringen müssen , um zur Feier des 50-Jährigen Bestehens der Lebenshilfe Lemgo mit Akteuren ohne großes Hintergrundwissen eine solche Inszenierung auf die Beine zu stellen
.
Aber sie haben es geschafft. Inklusion pur. Da saß auch jede Pointe, Soufleuse Katrin Brakemeier musste nur einige male kurz mit einem Fingerzeig auf die Fortsetzung zeigen. Alles klappte.
 
Dieses Stück darf im Veranstaltungskalender der STATTGESPRÄCH-Gruppe in diesen Jahr nicht nach zwei oder dei Vorstellungen untergehen, mehr noch: mit diesem Stück zum Thema Inklusion sollten sie auf Tournee gehen.

Sorry für eine kurze persönliche Bemerkung: Diese halbe Stunde mit großartigen Behinderten und Nichtbehinderten Schauspielern erzeugt beim Verfasser dieser Zeilen immer noch Tränen der Rührung und Begeisterung und Dankbarkeit – auch beim Schreiben.

Leute – das müsst Ihr sehen. 

Nun wollen wir den ersten Teil der Premiere am heutigen Abend  nicht vergessen. Sven Meyer und vor allem Liane Kreye brachten eine einstündige Inszenierung zum Titel „Eine Nacht mit Mutter“ auf die Bühne.

Auch das Klasse! Liane Kreye - jahrelang Mitglied beim Stattgespräch, hatte sich einmal eine Hauptrolle gewünscht – und diese hat sie bekommen und meisterlich geleistet. Die schwierige Mutter-Kind-Beziehung wurde mit einem ebenfalls großartig agierenden Sven Meyer in allen Facetten der möglichen Belang- und Belanglosikeiten absolut überzeugend dargestellt. Auch diesen beiden ein tolles Kompliment für ihre überzeugende Darstellung.Beide Inszierungen haben eine große Besucherschar verdient.

Es sei verziehen, wenn angesichts der Leistungen der vorher Genannten die Inklusionsdarstellung „Nett, das sie da sind!“ umgewandelt wird in “Nett, wenn ihr alle kommt!!".